Wir leben in einer Zeit, in der die Nutzung von KI-Tools alltäglich geworden ist – beruflich wie privat. Doch während viele der KI blind vertrauen und andere ihr grundsätzlich misstrauen, stelle ich mir die Frage nach der Mitte: Wie nutze ich KI als Sparringspartner, ohne die Kontrolle über mein Handeln zu verlieren?
Was ist Vibe Coding?
Vibe Coding beschreibt eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz – ursprünglich beim Programmieren, zunehmend aber auch in anderen Entwicklungs-Bereichen, hier Hardware- und Infrastruktur. KI agiert dabei als Projektpartner, der Entwürfe analysiert, Lösungen vorschlägt und Entwicklungsprozesse beschleunigt.
Die Motivation für diesen Artikel?
In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen teilen, wie ich privat technische Projekte zusammen mit der KI umsetze. Am Beispiel meines Homeserver-Projekts zeige ich, wo die KI mich in der Praxis sinnvoll unterstützt hat und welche Herausforderungen es gab. Die Erfahrungen waren auch ganz unterschiedlich, je nachdem welche Aufgabe anstand:
- Der Hardwareaufbau
- Die Installation und Konfiguration des Betriebssystems
- Das Aufsetzen der Apps auf dem Homeserver
- Entwicklung eines Admin UIs als pures Vibe Coding
- Konfiguration des OpenWRT Routers
Das Projekt – Homeservers aufsetzen mit KI
Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema souveräne IT (siehe auch die Blogserie Datensouveränität) – Wenn ich meine Daten kontrollieren will, muss ich verstehen, wo sie liegen und wie sie verarbeitet werden. Diverse Synology-, QNAP- und Terramaster-NAS-Systeme haben mir über die Jahre gute Dienste geleistet. Da ich einen langjährigen Background im Bereich Linux-Server habe und mich auch im Bereich Docker wohl fühle, will ich jetzt einen Schritt weitergehen und starte das Projekt zusammen mit meinem Sohn (E-Technik Student) und mit ChatGPT als „Co-Pilot“.

Das Ziel: Ein eigener Linux-Server, der u.a. Dienste wie Nextcloud, Collabora, Immich und OpenProject als Container für mich und die Familie bereitstellt. Der Betrieb ist dann bei mir zu Hause und somit entfallen Cloud-Abhängigkeiten, monatlichen Abos und die Frage, wer meine Fotos scannt und Dokumente indiziert. Zu Hause bedeutet aber auch, dass er sehr leise, sparsam und optisch unauffällig sein muss! Und Leistung darf trotzdem nicht zu kurz kommen, damit Webseiten auch bei Lastspitzen schnell geladen werden. Seine Vorgänger waren entweder zu schwach oder zu laut, sozusagen „teuer erkaufte Erfahrung“. Diesmal soll es direkt passen, ohne Fehleinkäufe 🙂
Hardware-Auswahl – KI als Recherche-Turbo
Bei der Auswahl der richtigen Hardware hilft ChatGPT sehr und vergleicht u.a. CPU-Leistungen, Stromverbräuche und wichtige technische Parameter – zunächst von fertigen Lösungen, darunter sowohl PCs als auch NAS Systeme und später auch für Bausätze. Das Ganze ist weit ab von einfach, alleine aus Asien kommen mittlerweile so viele hübsche, kleine Kraftprotze in die Webstores von Amazon und Co, da muss man schon auf die Details achten, damit der Frust nicht direkt nach dem Kauf beginnt.
Dazu recherchiert die KI für mich auch Erfahrungsberichte zu technischen Problemen und zur Kompatibilität mit Linux. Nach demselben Muster werden ein Switch mit VLAN-Support & 2,5-GBit/s-Ports sowie die SSD ausgesucht.

Ich hatte das Gefühl, dass mir die Zuarbeit der KI hier sehr viel Zeit erspart hat. Allerdings hilft es hier auch enorm, der KI genau zu sagen, was einem wichtig ist. Und selbst dann, wenn ich mal nicht alles im Blick hatte, kamen wertvolle Tipps: Es hilft gelegentlich offene Fragen zu stellen: „Vergleiche mir einmal SSD A mit SSD B, was sind die Vorteile und Nachteile„. Erst so kam ich z.B. auf das Detail DRAM Cache, dass für die Langlebigkeit von SSDs nicht unwichtig ist.
Die Rolle der KI ?
Es war ausgesprochen hilfreich, eine enorme Anzahl an Infos innerhalb kürzester Zeit sortiert und aufbereitet auf dem Monitor zu haben und die Suche nach Hardware basierend auf unseren Wünschen einzugrenzen.Besonders gut gefiel uns, dass es auch sehr viele praxisnahe Tipps gibt. Zum Beispiel das Thema DRAM-Cache bei SSDs hatte ich so gar nicht auf dem Schirm.
Die Entscheidung: Bauvorschlag als Basis
Wir entschieden uns final für eine vollständige Selbstbau-Lösung, gehen aber auf Nummer sicher: Die Wahl fiel auf einen Bauvorschlag aus der c’t (Sonderheft Dez 2024) – solide durchdacht und von der Redaktion erprobt.
Beim Hardwareaufbau ist der c’t-Fachartikel und ein Video aus dem Verlag eine große Hilfe. Wenn noch Infos fehlen, dann fragen wir die KI und bekommen ebenfalls Tipps, die sich aber auch genauso gut googlen lassen.
Realitätscheck: Grenzen der KI beim Einkauf
Beim Einkauf bzw. Bestellen der Einzelteile sind es dann doch Google und Preissuchmaschinen, die helfen, alle Bauteile auch zu bekommen. Die Ergebnisse und Preise, die uns ChatGPT zu dieser Zeit anzeigt, können wir oft nicht nachvollziehen zumal wir auch nicht alle Teile einzeln sondern bei möglichst wenig unterschiedlichen Anbietern bestellen wollten. Ich denke, heute, etwa ein halbes Jahr später, kann das schon wieder ganz anders aussehen.
Die Rolle der KI ?
Bei zeitkritischen Daten wie Preisen und Verfügbarkeit muss(te) wir noch gegenchecken. Die KI war für uns noch kein Ersatz für eine aktuelle Marktrecherche.
Mission accomplished
Final hat alles sehr gut geklappt: Mein Sohn und ich haben gemeinsam geschraubt, verkabelt und das System zum ersten Mal gebootet, dazu dann aber mehr im nächsten Artikel 😉 Der Server erfüllt bis heute zu 100% seinen Zweck: ist absolut leise, klein mit cleanem Design und wenn mal ein Service richtig Leistung braucht, dann ist auch das kein Thema. Bis dahin war es dann aber doch noch ein netter Weg an Herausforderungen, bei der die KI dann noch deutlich mehr unterstützen durfte.
Lest gerne im nächsten Artikel, wie es bei der Auswahl und Installation des Betriebssystems und dem Aufsetzen des Servers weitergeht…
