Dies ist der zweite Beitrag der Blogserie zur Digitalen- bzw. Datensouveränität.
Lies gerne auch: Teil 1: Was bedeutet Digitale Souveränität
Vorab: Keine Blaupause, kein Standardweg
Bevor es konkret wird, sollten wir uns über eines klar werden: In den meisten Fällen lässt sich Datensouveränität nicht einfach in den Warenkorb legen oder als Komplettpaket einkaufen.
Zwar gibt es seit einiger Zeit erste Produkte und Dienste, die echte Alternativen versprechen – etwa durch offene Standards, europäische Hosting-Standorte oder transparente Geschäftsmodelle. Doch in der Breite bleibt der Markt noch schwierig zu durchschauen.
Gerade aktuell sprießen neue Angebote rund um „souveräne Cloud“ wie Pilze aus dem Boden – insbesondere von großen Tech-Anbietern, die auf politischen Druck reagieren. Doch oft bleibt der Begriff ein Etikett, während das grundlegende Abhängigkeitsverhältnis zum Dienstanbieter bestehen bleibt.
Die richtige Strategie
Ich halte es für sinnvoll, zunächst noch einmal einen Schritt zurückzutreten und das große Ganze zu betrachten – insbesondere die strategische Dimension der digitalen- bzw. Datensouveränität.
Die Debatte wird derzeit leider oft auf eine rein technische Ebene reduziert: als müsste Europa „nur“ eigene Produkte entwickeln oder – auf Unternehmensebene – technische Systeme austauschen und Daten zurück ins eigene Rechenzentrum holen. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass solche Maßnahmen sinnvoll sein können – möglicherweise sind sie langfristig sogar notwendig. Aber: Diese Entscheidungen bringen in der Regel erhebliche Herausforderungen mit sich (mehr dazu später).
Daher lohnt ein kurzer Blick zurück zur eigentlichen Frage: Was genau bedeutet Datensouveränität?
Sowohl für Unternehmen wie auch für Privatpersonen heißt es vor allem: zu jeder Zeit zu wissen, wo die eigenen Daten liegen, wer darauf zugreifen kann – und im Zweifel wieder selbst die Kontrolle übernehmen zu können. Es geht darum, sich nicht in einseitige Abhängigkeiten zu begeben, die später kaum noch aufzulösen sind.
Dabei geht es nicht primär um Technik – sondern um Strategie.
Die zentrale Frage lautet: Wie stelle ich sicher, dass ich echte Wahlfreiheit habe – heute und auch in Zukunft?
Hier sind zumindest drei Elemente sehr wichtig:
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Offene Standards, die es ermöglichen, Daten portabel zu halten und Systeme verschiedener Anbieter miteinander zu verbinden.
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Faire Wettbewerbsbedingungen, in denen Qualität und Nutzen entscheiden – wo man Systeme unterschiedlicher Anbieter frei wählen und kombinieren kann.
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Transparenz, damit klar ist, wie Systeme funktionieren und wer Zugriff hat – für Entscheidungen auf Basis von Fakten, nicht von Versprechungen.
Ist Open Source das Allheilmittel?
Oft lese ich, dass digitale Souveränität nur mit Open Source möglich sei – und ja, offene Software kann ein starker Hebel sein. Sie schafft Transparenz, ermöglicht Kontrolle über den Quellcode und erlaubt flexible Anpassungen an die eigenen Anforderungen.
Aber Open Source ist kein Selbstläufer. Wer diesen Weg wählt, übernimmt ggfs. auch Verantwortung – für Wartung, Sicherheit und Weiterentwicklung. Und nicht jede Open-Source-Lösung ist automatisch souverän: Es kann an professioneller Unterstützung, strategischer Reife oder langfristiger Verlässlichkeit fehlen.
Schlussendlich ist eines klar: Wer den Kurs ändern will, muss zuerst die eigene Position kennen. Digitale Souveränität beginnt nicht mit einem Wechsel des Systems – sondern mit dem Blick auf das eigene Fundament.
Legen wir los – mit der Standortbestimmung.