Unser Workshop war anstrengend … warum eigentlich?

Am 2./3. März verbrachten wir zwei intensive Workshoptage in Nochen: Ein Teil der OC Community (insgesamt 17 Personen) entwickelte Workshopkonzepte und Ideen rund um die Themen Innovation & Digitalisierung, New IT & IT Strategy sowie (Digital) Change. Am Freitag Abend waren wir „“ was die Gesamtsumme der Endergebnisse anging „“ eigentlich sehr zufrieden.

Eigentlich. Denn die beiden Workshoptage waren harte Arbeit, unsere Diskussionen waren zum Teil kontrovers-verwirrend-intensiv und auch kräftezehrend. Wir hatten Spaß beim Arbeiten, keine Frage!  Doch manche hatten das Gefühl, dass wir zwischendurch unseren roten Faden verloren hätten, dass wir unsere Ergebnisse als Gruppe homogener und effizienter hätten erarbeiten können. Irgendwie blieb der Eindruck von einem „echt anstrengenden Entscheidungsfindungsprozess“ hängen – trotz des konstruktiven Workshopklimas, des positiven Miteinanders und des guten Gesamtergebnisses.

In den letzten Tagen habe ich gegrübelt, woran das liegen könnte (als Moderator überlegt man ja immer, was man bei der Workshopbegleitung hätte verbessern könnte) … Waren die Workshop-Vorbereitungen nicht gut genug? Hätten wir inhaltlich vorarbeiten müssen, um schneller und effizienter in der großen Gruppe entscheiden zu können? Oder hätten wir uns weniger Themen vornehmen sollen? War der Teilnehmerkreis zu groß oder nicht gut ausgewählt? Hätten wir die Moderation straffer durchziehen müssen, mehr auf die Einhaltung von durchgängiger Anwesenheit und Timeboxes achten müssen?

Erkenntnis #1: Co-Creation in Reinform

Beim Blick zurück auf dem Teilnehmerkreis wurde mir nochmals bewusst, dass wir an beiden Workshoptagen wirklich crossfunktional-interdisziplinär aufgestellt waren: Vom Geschäftsführer über das mittlere Management und (Senior) Beratern bis zum (Noch)Studenten waren nahezu alle Hierarchiestufen unseres Unternehmens vertreten. Beteiligt waren Mitarbeiter aus dem Consulting (Architekten, Developer, Strategieberater und Change Facilitatoren), Marketing, Sales, Business Development und das Kompetenzmanagement. Wie bei der Workshopplanung erhofft (und wie es Workshopgurus und Facilitatoren so oft predigen) trat eine bunt gemischte Teilnehmergruppe an. Diese vielfältigen und zum Teil auch kontroversen Ideen und Meinungen unter einen Hut zu bringen, um in definierten Zeitboxen gute Ergebnisse zu erzielen, ist – ganz simpel – HARTE ARBEIT. Und zwar nicht nur für den Moderator des Workshops. Sondern für alle Teilnehmer. Alles gut also! Aber warum dann dieser vermeintliche „emotionale Workshop-Hangover“ im Nachgang?

Erkenntnis #2: „groan zone emotions“ waren zu Gast!

Vorgestern blätterte ich – einmal mehr – durch Sam Kaners Buch „Facilitator’s Guide to Participatory Decision-Making“ (ein Facilitator-Klassiker aus dem Jahr 2007). Der dort erläuterte „Diamond of Participatory Decision-Making“ beschreibt genau diese „groan zone“, die wir gemeinsam an diesen beiden Workshoptagen (mehrmals) durchlaufen haben:

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Nach der Phase des „divergent thinking“ – Ideen werden frei gesammelt, die Diskussion öffnet sich, verschiedene Sichtweisen treffen aufeinander – folgt die „groan zone“ (der Wendepunkt), ehe die Workshopgruppe über das „convergent thinking“ – Sortierung, Fokussierung, Priorisierung – zur Entscheidungsfindung kommt. In jeder Phase des Workshops, bei jeder Themenerarbeitung, bei jeder Entscheidungsfindung in der Gruppe spielen – mehr oder weniger bewusst und individuell unterschiedlich erlebt – Emotionen eine große Rolle. Das ist einfach menschlich.

Deshalb war es für mich als Moderator im Nachgang des Workshops wichtig, mir – wieder einmal – in Erinnerung zu rufen: Neben den positiven Emotionen (aus den Phasen des divergent /convergent thinking), gehören die „groan zone emotions“ schlicht ebenfalls zu jedem Workshoperleben dazu. Im besten Fall dauern diese emotionalen Täler nur kurz an, der Workshopmoderator hat diese „groan zones“ fest im Griff und führt die Workshopgruppe dort gut durch. Wenn – wie in unserem Fall – eine sehr heterogene Gruppe (gut für das Gesamtergebnis!) zusammenarbeitet, ist machmal auch die „groan zone“ schlicht heterogener und intensiver spürbar. Grübelei zu Ende.

Fast: „when a discussion loses focus or becomes confusing, it can appear to many people that the process is heading out of control. Yet this is not necessarily what’s really going on. Sometimes what appears to be chaos is actually a prelude to creativity.“ (Kaner et al., 2007, S. 5). Danke, Sam!

 

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